Eiszapfen am Hintern beflügeln offenbar ungemein die Kreativität und am Ende der Session im Schweinsgalopp, saßen wir zufrieden grinsend und lauschten donnernd laut unserem Werk.
Manchmal bin ich echt neidisch. Nicht so grün neidisch, ne, eher so bewundernd neidisch. Darauf, welche technischen Möglichkeiten Leute & Musiker heute haben, ihre Songs zu produzieren und auch selbst zu vermarkten. Und das bequem von zuhause aus. Ein flotter PC plus ner guten Studio-Sofware, ein Keyboard oder ne Gitarre per USB und ein Micro – und du kannst den ganzen lieben langen Tag gemütlich kreativ sein und Dank zig vorgefertigter Effekte und ein bißchen technischem Know-how, die geilsten Melodien und Sounds zaubern. Selbst ohne einem Fitzel musikalischem Talent.
Man muss heutzutage nicht mal Ahnung von Musik oder Gesang haben, um nen geilen Song hinzulegen – da kannste sogar schief singen und ein Programm wie AutoTune setzt die Töne richtig.
Doch, das ist beneidenswert.
Tatsächlich weniger neidisch, bin ich vielmehr fasziniert was heutzutage alles geht. Hätte es diese technischen Möglichkeiten plus Social Media, YouTube, Instagram und Co zu meiner Zeit schon gegeben, hätte ich das freilich bis zum Anschlag genutzt.
Ganz sicher.
Und ich wäre auch nicht in die Klemme geraten als es darum ging, einem echt wichtigen Talentscout der EMI Elektrola in Kölle hörbares Material liefern zu können. Material sprich Songideen, die in meinem Kopf bzw. auf dem Diktiergerät aber noch nicht auf Band waren.
Im Klartext, ein herzeigbares Demo musste her, am Besten vorgestern und am Besten perfekt. Perfekt war damals im Winter 1985 höchstens die Entscheidung, dass ich statt der Telefon- die Stromrechnung bezahlt hatte – und meinen Drum-Computer benutzen konnte. Anfang 20, war ich damals voll das Klischee eines Musik liebenden und brotlosen Träumers, der sogar so blöd war seinen sicheren Job auf- und sich nur noch der Musik hinzugeben. Abgesehen von Kerzenlicht und stillen Telefonen, hatte ich manchmal echt nix mehr zu fressen und musste den Kühlschrank meiner Eltern plündern.
Aber ich war glücklich. Musik, Musik, Musik.
Und wie immer pleite. Ich kratzte alles an letzten Groschen zusammen, pumpte meinen besten Freund an und setzte mich mit meinen Ideen plus Diktiergerät und Drumcomputer in meinen 1969er-Käfer und ratterte gen Heerlen in Holland. Dort hatte sich ein alter Schulfreund im Keller ein kleines Demo-Studio eingerichtet – und bot sich und sein Equipment für 15 Gulden die Stunde an. Inklusive dem Vorteil, dass er mehrere Instrumente konnte und schnell drauf hatte, was geht.
Ich hatte Kohle für 6 Stunden und 2 Songs.
Und mein Kumpel, genauso ein verträumter Trottel wie ich, im Keller keine Heizung. Aber, Eiszapfen am Hintern beflügeln offenbar ungemein die Kreativität und am Ende der Session im Schweinsgalopp, saßen wir zufrieden grinsend und lauschten donnernd laut unserem Werk.
Ich hatte mein Demo.
In Time und das, obwohl wir mittendrin eine der Nummern in Sound und Gesangsmelodien komplett umgeschmissen haben – und ich mal eben sowas wie einen passenden Blindtext herbei schreiben musste. Und da komme ich wieder auf die heutige Zeit und den Gegensatz zu meiner in Sachen Musik machen, und das mit (digitaler) Perfektion. Für uns waren die beiden Demos nicht perfekt und das sind sie auch nicht. Doofe aber sitzende Blindtexte, der ein und andere schiefe Ton meinerseits – und natürlich hört man den Aufnahmen an, dass wir mit den kleinsten Mitteln gearbeitet und nicht wirklich Zeit gehabt haben.
Als ich dieser Tage diese beiden Songs aus dem Winter 1985 das erste Mal seit Jahrzehnten wieder gehört habe, ging mir tatsächlich mein olles Herz auf und ich hatte Pipi inne Augen. Und Erinnerungen. Viele Erinnerungen. Da war es so was von wurscht, wie die Aufnahmen nach rund 35 Jahren klingen und was trotz Zeitnot hätte „fachlich“ besser gekonnt – meine ersten Demos und ich bin immer noch stolz drauf.
Kann natürlich sein, dass ich an dieser Stelle tatsächlich subjektiv romantisiere und die Songs für alle Ohren außer meinen Kacke klingen – aber immerhin haben mir die beiden Schlingel einen Major-Vertrag eingebracht. Ganz ohne Besetzungscouch, besagtem Talentscout und 3 Jahre später mit einem ganzen Album im Koffer.
Interessant ist allerdings, wie am Ende beide Nummern auf dem Album geklungen haben – und was aus meinen Song- und Soundideen geworden ist. Auf dem Album. Aber, das ist tatsächlich eine andere Geschichte. Hier geht’s nur um Träume. Erinnerungen, Leidenschaft und alte Zeiten.
Musik, Musik, Musik!

Mein Lieber, heutzutage wärst du ein Youtube-Star, die Optik stimmte ja auch.
Deine Demos finde ich immer noch absolut hörenswert. Ein bisschen Spandau Ballett. 😊
Soooo truuuuuue, funny how it seeems, always in time… 😉 Danke, du Liebe – da krieg ich ja Gefühle! Jau, das waren noch Zeiten und echt, meinste YouTube und Co wären damals meins gewesen? Egal, ich freu mich und liebsten Dank! Und, man soll immer sagen „Teilen, Teilen, Teilen, wenn man Profi sein will, harrrrr! 😉